Forschungsprojekte
Habilitationsprojekt: Klimagefühle. Affektive Konturen einer kommenden Gesellschaft
seit Januar 2025
In seinem „terrestrischen Manifest“ mahnte der Soziologe Bruno Latour, dass „die neue Universalität …. das Empfinden (sei), dass einem der Boden unter den Füßen wegsackt“ (Latour, 2018, S. 17) . Der Klimawandel bedeute auch einen Wandel von Gefühlslagen, für diese allerdings teils noch die Worte, Praktiken und auch die soziale Anerkennung fehlten: „Mit anderen Worten, wir sind bei der Neuausstattung unserer politischen Affekte im Rückstand.“ (ebd.) Vieles spricht dafür, dass sich angesichts der Ereignisse wie den global vermehrt auftretenden Bränden und dem Artensterben oder dem Schmelzen der Gletscher starke Gefühle ergeben, die die kommende Gesellschaft stark beschäftigen werden und die es zu erforschen gilt. Denn rund um das Klima gibt es schon jetzt ausgeprägte „Konflikte um das „richtige Fühlen““. (Slaby, 2023, S. 1)
Die neuen Gefühle rund um den Klimawandel werden immer mehr zum Gegenstand der Psychologie, Philosophie und Theologie (Pihkala, 2024). Die Soziologie wendet sich dem Thema langsam zu (Neckel & Hasenfratz, 2021). Das Forschungsprojekt strebt eine systematische soziologische Auseinandersetzung mit Klimagefühlen an und fragt: Welche Rolle spielen Gefühle im Umgang mit dem Klimawandel? Und wie werden sie umkämpft? Untersucht werden Klimagefühle – Wut, Angst, Trauer, Scham und Schuld – anhand der mit ihnen verbundenen Gefühlspraktiken. Es geht dabei vor allem um negative Gefühle, für die bereits neue Begriffe gesucht werden: Eco-Anxiety, Eco Distress, Solastalgia (Albrecht, 2006). Doch auch um die Frage, ob und wenn ja an welchen Stellen sich auch positive Gefühle, wie Zusammenhalt, Hoffnung und Tatendrang auftun (Vgl. Pelluchon, 2023). Es stehen nicht im engeren Sinne Gefühle in der Klimabewegung im Zentrum – etwa im Sinne affektiver Mobilisierungsstrategien (Hamann et al., 2024) – sondern der Fokus liegt auf Gefühlen abseits organisierter Klimagruppierungen, die, im Sinne Sara Ahmeds, eher latent in der Gesellschaft „zirkulieren“ (Ahmed, 2014) und verhandelt werden. Daher wird auch Gleichgültigkeit und Abwehr – inspiriert durch Henrike Kohpeiß‘ in anderem Kontext entwickelten Begriff der „bürgerlichen Kälte“ (Kohpeiß, 2023) – als eine ganz wesentliche emotionale Haltung zum Klimawandel begriffen. Das Projekt geht von drei zentralen Stätten des Ausdrucks und der Bearbeitung von Klimagefühlen aus:Therapiediskurse, der Bildungsbereich, sowie ästhetische Praktiken.
Forschungsprojekt: Künstlerisches Handeln. Eine Verdichtung des Begriffs aus Interdisziplinärer Perspektive.
seit Januar 2024
Ein Projekt der Zürcher Hochschule der Künste am Forschungsschwerpunkt Ästhetik, Department Kulturanalysen und Vermittlung
Promotion: Umkämpfte Kunst. Aktivistische Kunstpraktiken im Kontext des Brexits | Humboldt-Universität zu Berlin, Forschungsbereich Allgemeine Soziologie und Kultursoziologie
verteidigt im Mai 2024
Seit jeher reflektieren Künstler*innen das politische Zeitgeschehen. Im 21. Jahrhundert unterliegt das Verhältnis von Kunst und Politik jedoch einem Wandel: Im Rahmen von künstlerischem Aktivismus und Socially Engaged Art versuchen Künstler*innen zunehmend direkt, in politische und soziale Realitäten einzugreifen. Während Vertreter*innen der künstlerischen Autonomie darin eine Gefahr für die Kunst sehen, schreiben andere dem neuen Aktivismus ein großes Potenzial zu, weil dadurch künstlerische Prinzipien wie Vorstellungskraft und Ambivalenz in den immer wieder an seine Grenzen stoßenden Bereich demokratischer Politik übertragen werden.
Das Phänomen künstlerischer Aktivismus wirft die Frage auf, was politisches Handeln mit künstlerischen Mitteln eigentlich auszeichnet, und wie genau es sich zu Kunst und Politik verhält. In meiner Dissertation versuche ich, den Trend des künstlerischen Aktivismus vor dem Hintergrund kunstsoziologischer Debatten um künstlerische Autonomie und Engagement in seiner Spezifik zu bestimmen und mit der Frage des Europäischen in Beziehung zu setzen. Als Beispiel dient daher die Debatte um das Brexitreferendum am 23. Juni 2016, in dessen Kontext Konzepte einer nationalen oder europäischen Gemeinschaft besonders zugespitzt und unter Mobilisierung verschiedener Kulturbegriffe verhandelt wurden. Eine beachtenswerte Politisierung der Kunst fand statt. Als theoretischer Rahmen meiner Arbeit dienen praxis- und subjektivierungstheoretische Ansätze: Mit welchen Praktiken wird in die Politik interveniert? Mit welchem Selbstverständnis agieren Künstler*innen als Aktivist*innen? Zu den untersuchten Beispielen gehören Kampagnen und Projekte von Wolfgang Tillmans, Madeleina Kay, Tania Bruguera, Keep it Complex, make it Clear! und der pro-Brexit Initiative Brexit Creatives.
Das Projekt wird gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung.
Erstbetreuer: Prof. Andreas Reckwitz, Humboldt-Universität zu Berlin
Zweitbetreuerin: Prof. Karen van den Berg, Zeppelin Universität, Friedrichshafen
Masterarbeit: Politische Imagination/Präfigurative Politik: Der Beitrag von künstlerischem Aktivismus zur Demokratie (Zeppelin Universität 2017)