Projektbeschreibung
Nachbarschaften des Willkommens
Bedingungen für sozialen Zusammenhalt in super-diversen Quartieren (NaWill)
In dem Forschungsprojekt „Nachbarschaften des Willkommens – Bedingungen für sozialen Zusammenhalt in super-diversen Quartieren“ werden die Bedingungen des Zusammenlebens in postmigrantischen städtischen Quartieren erkundet. Dabei geht es darum, gelingende Formen der Aushandlung von Konflikten, sowie neue Formen der Konvivialität, also des Zusammenlebens mit einem hohen Maß an Differenzen, zu erforschen. Dabei werden die folgenden Fragen verfolgt: Was macht Zusammenleben in Nachbarschaften aus, die zunehmend durch Heterogenität (der Sprachen, Lebensentwürfe, sozialen Herkünfte) geprägt sind? Unter welchen Bedingungen führt (neue) Diversität in der Nachbarschaft zu Konflikten, unter welchen Bedingungen führt sie zu konvivialen Formen des Zusammenlebens? Können auch Konflikte ein Weg zu einem neuen Verständnis von sozialem Zusammenhalt und Willkommenskultur sein? Was sind die Ursachen von Konflikten und welche Rolle spielt dabei der sozio-ökonomische Status und die interkulturelle Kompetenz der Bewohnerschaft? Diese Fragestellungen werden in vier Nachbarschaften komparativ untersucht, die sich entlang der Achsen sozio-ökonomischer und sozio-kultureller Diversität unterscheiden.
In dem Forschungsprojekt werden daher Faktoren untersucht, die die lokale Krisenresilienz von Nachbarschaften bestimmen. Dies soll vor dem Hintergrund des Ineinandergreifens zweier Krisen untersucht werden: der Wohnungskrise, die an vielen Orten in Deutschland durch die Verknappung und Verteuerung von Wohnraum zum Ausdruck kommt und anhand der so genannten Flüchtlingskrise. Diese beiden Krisen haben jeweils lokal unterschiedliche Auswirkungen, sind jedoch auch interdependent und führen oft zu lokalen Konflikten um Wohnraum und den Zuzug von Geflüchteten. Dies gilt insbesondere in urbanen Ballungsgebieten, in denen bereits vor der Fluchtmigration ein hoher Druck auf dem Wohnungsmarkt existierte (Holm et. al. 2015, Schönig et al. 2017, Mediendienst 2016). Die Fluchtmigration der letzten Jahre hat neben der zusätzlichen Nachfrage nach preiswertem Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt eine teilweise schlagartig zunehmende Diversität an Migrationsgeschichten, Religionen, Lebensentwürfen und sozio-ökonomischen Voraussetzungen entstehen lassen. Und gleichzeitig – vor allem in mittleren und größeren Städten – teilweise zu Überforderungsnarrativen geführt (Schamann 2017). Vor diesem Hintergrund steht im Zentrum des Forschungsprojektes „Nachbarschaften des Willkommens“ die Frage nach der sozialen Kohäsion bei zunehmender Diversität in lokalen Nachbarschaften. Zentral ist dabei, herauszufinden, welche Faktoren den sozialen Zusammenhalt in Zeiten der miteinander verschränkten Krisen stärken und welche Werte und Normen, Erfahrungen und Aushandlungsprozesse dabei eine Rolle spielen. Bisherige Forschung untersucht zunehmende Diversität in Nachbarschaften durch Migration vor allem unter dem Schlagwort eines erodierenden Sozialkapitals und sozialen Zusammenhalts (Putnam 2007, Alesina/Ferrara 2000, Gundelach/Traunmüller 2010). Durch als krisenhaft erlebte Veränderung im Wohnumfeld verringere sich z.B. das gegenseitige Vertrauen der Bewohner_innen oder die Bereitschaft, zivilgesellschaftlich aktiv zu werden. Das vorliegende Forschungsprojekt nimmt einen Perspektivwechsel vor indem es untersucht, unter welchen Bedingungen neu hinzukommende Diversität in Nachbarschaften nicht zu erodierendem Sozialkapital führt, sondern zu einer erfolgreichen Bewältigung von sozialen Konflikten. Hier ist insbesondere auf die erstaunliche Welle des zivilgesellschaftlichen Engagements im Zuge der anhaltenden Fluchtmigration seit 2011 zu verweisen (vgl. Hamann et al. 2016).
Projektlaufzeit: 10/2017 - 03/2021
Förderinstitution: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)